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Social Lab I


Social Lab - Nutztierhaltung im Spiegel der Gesellschaft

Die Nutztierhaltung befindet sich seit Jahren in einem Spannungsfeld unterschiedlicher Interessen. Auf der einen Seite befinden sich Bürger und Verbraucher und auf der anderen Seite Landwirte. Dazwischen sind u.a. Interessenvertretungen und der Handel angesiedelt. Dieses Spannungsfeld zu reduzieren, ist das Ziel des Projektes SocialLab.


Während die Verbraucher kaum noch einen Bezug zur Nutztierhaltung haben, werden sie von Seiten der Medien für dortige schlechte Verhältnisse verantwortlich gemacht, wenn sie zu preiswertes Fleisch kaufen. Jene durch die Verpackungen suggerierten Bedingungen der Tierhaltung liegen oft fernab der Realität, wie durch eindrucksstarke gegensätzliche Fernsehreportagen und Zeitungsartikel bewiesen wird.

Für viele Landwirte stellt sich die Situation dagegen folgendermaßen dar: Obwohl sie sich an gesetzliche Vorgaben halten und viel Herzblut in ihren Beruf stecken, wird ihnen häufig pauschal Tierquälerei vorgeworfen. Sie müssen sich dafür rechtfertigen, dass sie mit Hilfe ihres Berufes die Familie ernähren und zudem Gewinne erwirtschaften möchten. Änderungen in der Tierhaltung werden ihnen durch den starken Preiswettbewerb im Markt zunehmend erschwert.

Je länger über die Nutztierhaltung und deren Akteure, wie Landwirte, Verbraucher, Handel und Interessenverbände nachgedacht wird, desto mehr Fragen entstehen: Warum wird die Geflügelhaltung so viel kritischer gesehen als die Milchviehhaltung? Warum wird das eine Haltungssystem akzeptiert, ein anderes, das aus nutztierwissenschaftlicher Sicht gleichwertig oder sogar besser ist, jedoch kategorisch abgelehnt? Und was für betriebswirtschaftliche, informationsökonomische oder auch gruppendynamische Aspekte müssen auf Seite der Landwirte berücksichtigt werden, wenn neue Standards eingeführt werden sollen?

Aufgrund der vielen beteiligten Akteure mit jeweils heterogenen Anforderungen bedarf es einer Betrachtung des Gesamtsystems.  Zur ganzheitlichen Verbesserung der Situation, ist der Abgleich möglichst vieler Interessenfelder notwendig. Hier setzt das Projekt „SocialLab – Nutztierhaltung im Spiegel der Gesellschaft“ an: Ziel ist, die gesellschaftliche Kritik differenziert zu untersuchen und Wege für eine Verbesserung der Nutztierhaltung aus Sicht der oben genannten gesellschaftlichen Gruppen aufzuzeigen. Die Ergebnisse sollen helfen, die Aktivitäten der Marktteilnehmer sowie die Gestaltungsmaßnahmen der Politik so auszurichten, dass die Spannungen zwischen den verschiedenen Akteuren spürbar reduziert werden.

Das Projekt hat eine Laufzeit von 36 Monaten und wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aufgrund eines Beschlusses des deutschen Bundestages gefördert. Die Projektträgerschaft erfolgt über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im Rahmen des Programms zur Innovationsförderung. Insgesamt sind acht Forschungseinrichtungen beteiligt: die Fachhochschule Südwestfalen (Fachbereich Agrarwirtschaft), die Universitäten in Göttingen (Abteilung Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte), Düsseldorf (Lehrstuhl für Betriebswirtschaft, insb. Marketing), Bonn (Professur für Marktforschung der Agrar-und Ernährungswirtschaft), die TU München (Professur für Marketing und Konsumforschung), das Private Forschungs- und Beratungsinstitut für angewandte Ethik und Tierschutz INSTET, sowie das Thünen-Institut für Marktanalyse, das das Projekt koordiniert. Als assoziierter Partner konnte die Zeppelin-Universität (Gastprofessur für Konsumverhalten und Verbraucherpolitik) gewonnen werden. Um sicher zu stellen, dass der Bezug zur landwirtschaftlichen Praxis wie auch zu gesellschaftlichen Gruppen gegeben ist, unterstützt ein Expertenbeirat das Projekt. In diesem Beirat sind verschiedene Vertreter berufsständiger landwirtschaftlicher Interessenvertretungen, des Einzelhandels, NGO’s, Nutztierwissenschaftler sowie Vertreter des BMEL vertreten.

Ein solch komplexes Thema mit derart unterschiedlichen Akteuren kann nicht mit einer oder nur wenigen Methoden untersucht werden. Durch die verschiedenen Kompetenzen der beteiligten Partner in den Bereichen Agrarökonomie, Verbraucherforschung, Neuroökonomik, Verhaltensökonomik und/oder Tierethik wird je nach Fragestellung eine adäquate Kombination mehrerer geeigneter Methoden zusammengestellt, welche dem derzeitigen wissenschaftlichen Stand entsprechen.

Das Projektteam der HHU Düsseldorf bilden Herr Prof. Dr. Kenning, Frau Gier und Herr Krampe. Sie wollen mit innovativen neuroökonomischen Methoden individuelle Entscheidungsmuster identifizieren, die in diesem Kontext verhaltenswirksam sind. Im Rahmen des entsprechenden Teilprojekts, das mit etwa 560.000€ gefördert wird, kommt dabei neben funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT), die funktionelle Nahinfrarotspektroskopie (fNIRS) zum Einsatz. Mithilfe dieser sollen neue Einblicke in den individuellen Prozess der Akzeptanz notwendiger Innovationen im Bereich der Nutztierhaltung gewonnen werden. Darauf aufbauend sind dann entsprechende Gestaltungsmaßnahmen abzuleiten, um auch auf diesem Gebiet nachhaltigere Konzepte erfolgreich zu etablieren.

In Anlehnung an: Agrarzeitung vom 28.07.2015

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